Wo das „inklusive Miteinander“ gelebt wird

Seit zehn Jahren bieten wir in der Werkstatt Florian/Delavnica Florijan des „Caritas: Team Lebensgestaltung“ in Globasnitz/Globasnica Menschen mit Behinderung eine sinnvolle Beschäftigung. Jetzt feierten Menschen mit und ohne Behinderung fröhlich und beschwingt das Jubiläum.

Der hauseigene Chor, den es seit Eröffnung der zweisprachigen Einrichtung im Jahr 2012 gibt, sang aus vollen Kehlen das slowenische Lied „Mi smo prijatelji“, was auf Deutsch „Wir sind Freund*innen“ heißt. Dass das nicht leere Worte sind, sondern dass die 24 Klient*innen und ihre neun Betreuer*innen unter der Leitung von Anita Kutschek-Strmcnik das „inklusive Miteinander“ liebevoll und herzlich leben, spürten die Gäste beim Jubiläumsfest am 15. Juli 2022. Da wurde auch gewahr, dass die Frauen und Männer, die in der Tischlerei, in der Gärtnerei, im Tonatelier und/oder in der Küche der Werkstatt Florian gemäß ihren individuellen Fähigkeiten einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und dabei von Fachpersonal unterstützt werden, mittendrin statt nur dabei sind.

Interview, das für Heiterkeit sorgte

Die Klient*innen, die zwischen 18 und 57 Jahre alt und mehrfach beeinträchtigt sind, gestalteten nämlich sehr zur Freude der Gäste das Fest mit. So fragte Alexander im Interview mit Katja und Nicole, die seit der ersten Stunde im Haus aus- und eingehen, nach Highlights der zehn Jahre und einem Ausflug mit einem Hoppala. Letzteres war der Besuch des Bleiburger Wiesenmarktes, der nicht selten von Regen begleitet wird. „Wir sind mit dem Ringelspiel gefahren. Das war lustig. Aber bei der Heimfahrt hat sich der Bus auf der Marktwiese im Schlamm eingegraben und konnte nicht mehr weg“, erzählten die Frauen und ernteten Heiterkeit seitens der Gäste.

Kein leichter Anfang

Mit den Klient*innen und ihren Angehörigen feierten unter anderen Bischof Josef Marketz, Zweiter Landtagspräsident Jakob Strauß – er brachte als Dank und Anerkennung eine Torte mit –  Bürgermeister Bernard Sadovnik, Caritasdirektor Ernst Sandriesser, die kaufmännische Geschäftsführerin der Caritas, Marion Auer-Fercher, und Künstler Albert Mesner. Bischof Josef, der einige Klient*innen aus seiner Zeit als Caritasdirektor kennt und sich ihnen verbunden fühlt – „Zwischen uns ist eine tiefe Freundschaft.“ – dankte Eltern wie Mitarbeiter*innen für die liebevolle Begleitung der Klient*innen. Er würdigte den ehemaligen Caritasdirektor Viktor Omelko und Unterstützer*innen: „Es war damals nicht einfach, diese Werkstatt zu errichten. Viktor Omelko hat es durchgesetzt, dass dieses wunderschöne Haus gebaut wurde. Seit damals bereichert es die Gemeinde und den Ort.“  

Europa-Premiere

Als die Werkstatt Florian vor zehn Jahren eröffnet wurde, besuchten vier Klient*innen aus der Umgebung die Einrichtung. Kurz darauf machte sie als Europas erste staatenübergreifende und zweisprachige Werkstatt für Menschen mit Behinderung Schlagzeilen, denn: „Noch im selben Jahr gingen wir eine Kooperation mit dem CUDV Črna ein, einer Einrichtung in der slowenischen Gemeinde Črna na Koroškem. Sechs Klient*innen kamen mit dem hauseigenen Bus aus Slowenien täglich in unsere Werkstätte, um ihren Alltag mit einer sinnvollen Beschäftigung auszufüllen“, so Simona Roblek, Behindertenpädagogin und damals Werkstatt-Leiterin, die zurzeit in Karenz ist.

Mit Stolz und den Worten „Das war wirklich eine große Herausforderung“ erinnerte sich Bürgermeister Sadovnik beim Jubiläumsfest an das Zustandekommen dieser einzigartigen Kooperation. Das sozialpädagogisch erfolgreiche Projekt endete mangels Finanzierung jedoch nach einem Jahr, was Sadovnik noch heute bedauert, denn: „Es sollte nicht um Grenzen gehen, sondern um die Menschen.“ Die guten Kontakte der Werkstatt nach Slowenien blieben. Außerdem gibt es ein schönes Miteinander in und mit der zweisprachigen Gemeinde. So finden immer wieder zahlreiche gemeinsame Aktivitäten statt. Der Bürgermeister freut sich auf jede Begegnung mit den Menschen aus der Werkstatt Florian: „Ihr seid der große Reichtum für die Gemeinde.“

Die Klient*innen als kreative Künstler*innen

Dank eines guten Netzwerkes bekommt unsere Einrichtung im Laufe der Jahre immer wieder beeindruckende wie spannende Aufträge, die die Assistenznehmer*innen mit Freude und Eifer in Handarbeit und unter Mithilfe der Betreuer*innen ausführen. Für die Dachspenglerei Hedenik etwa gestalten sie jährlich 1.000 einzigartige Weihnachtsbillets. Die Kicker*innen der heuer in Kärnten stattgefundenen EUROPEADA – der Fußballeuropameisterschaft der autochthonen, nationalen Minderheiten – wurden für ihre sportlichen Leistungen mit Medaillen aus der kleinen Werkstatt belohnt. 2017 schufen unsere Klient*innen die Sieger-Pokale für den „Unser Billa Herz-Award“, mit dem das Handelsunternehmen österreichweit nachhaltige und soziale Projekte seiner Mitarbeiter*innen auszeichnet. 2018 trugen die Besucherinnen des Wiener Kroatenballs Broschen und Kettenanhänger aus der Werkstatt. 2019 stellten deren „Besucher*innen“ für den „STELLA-Award“, einen Preis für darstellende Kunst, einmalige Statuen aus Ton her.        

Inklusion – tagtäglich gelebte Realität

Caritasdirektor Sandriesser lobt die Verantwortlichen: „Eine Werkstatt wie hier in Globasnitz zu planen und umzusetzen, erforderte damals viel Weitsicht, Durchsetzungsvermögen und Ausdauer.“ Er ist stolz, dass der seinerzeit mit vier Klient*innen klein begonnene Weg nach nunmehr zehn Jahren mit 24 Assistenznehmer*innen erfolgreich weitergeführt werde. Was 2012 ausgesät worden sei, bringe reiche Frucht, so Sandriesser. Der Caritasdirektor weiter: „Ich danke allen Mitarbeiter*innen, dass sie von der Vision getragen sind, Menschen mit Behinderung ein erfülltes und gutes Leben zu ermöglichen. Wenn wir einander mit ehrlichen und offenen Herzen begegnen, dann ist Inklusion wie hier in der Werkstatt Florian tagtäglich gelebte Realität.“ Realität ist auch die Selbst- und Mitbestimmung der Klient*innen. Alexander ist der so genannte Selbstvertreter in der Werkstatt Florian. Er vertritt die Wünsche, Beschwerden und Anliegen seiner Kolleg*innen und erhält dabei von den Betreuer*innen Assistenz.

Danke an alle Klient*innen und Unterstützer*innen

Erna Petek, Bereichsleiterin unseres „Caritas: Team Lebensgestaltung“, blickt auf eine zielführende Entwicklung der Werkstatt Florian zurück und betont die Wichtigkeit einer stetigen Weiterentwicklung einzelner Bereiche. „Gerade die letzten beiden Jahre haben uns vor viele große und kleine Hürden gestellt. Es war eine sehr herausfordernde, aber auch richtungsweisende Zeit. Wir mussten vielfältig sowie schnell handeln und im engen Austausch miteinander agieren, was einzelne Teams noch stärker miteinander verbunden und verankert hat“, so Petek. Die Bereichsleiterin bedankt sich bei allen Klient*innen, Mitarbeitenden, bei den Angehörigen, Unternehmen und allen weiteren Mitwirkenden, die zu einem gelingenden Miteinander beitragen. Auch Werkstatt-Leiterin Kutschek-Strmcnik ist zufrieden: „Alle Betreuungsplätze sind vergeben, Klient*innen und Mitarbeiter*innen im Laufe der Jahre zu einer Einheit geworden. Jede*r hat ihren*seinen Platz. Unser Haus lebt von der herzlichen Atmosphäre des Miteinanders und Willkommenseins.“   

Eine Feier des Miteinanders