Mehrere tausend Kinder und Jugendliche sind in der Einrichtung in den vergangenen 120 Jahren begleitet, viele erwachsen und selbstständig (ge)worden. Wie Cornelia „Conny“ Pacher, die 1971 im Alter von sechs Jahren ins Haus gekommen ist, „weil ich keine Familie hinter mir hatte“. Die 59-Jährige – Mutter zweier erwachsener Kinder – verbrachte ihre Kindheit und Jugend hier: „Damals waren wir bis zu 25 Kinder in einer Gruppe. Es gab Schlafsäle mit 18 Betten. Wir wurden von den Ordensschwestern alle gleich behandelt. Wir haben schöne Feste erlebt und gemeinsam viel unternommen, waren Ski fahren, wandern und verbrachten im Sommer einen ganzen Monat in einem Ferienhaus am Millstätter See. Obwohl wir dort weder Strom noch Wasser hatten, war es wunderschön.“ Das Kinderheim sei zu ihrem unverzichtbaren Daheim geworden, weshalb sie nach ihrem Auszug im Alter von 18 Jahren mit den Schwestern und nach deren Abschied aus Treffen im Jahre 2000 mit dem Haus in Verbindung blieb. Pacher leitet heute als Sozialpädagogin die Mädchengruppe „Kunterbunt“: „Die Kinder wissen, dass ich hier aufgewachsen bin. Ich kann mich gut in sie hineinfühlen. Sie wissen, dass ich sie verstehe.“ Das ist auch das Um und Auf, denn in das „Haus Antonius“ kommen nur Kinder und Jugendliche, die zu Hause nicht leben können. – Mangels Versorgung, aufgrund der Krankheit der Eltern oder wegen sozialer und emotionaler Schwierigkeiten, die einen höheren Betreuungsbedarf erfordern.
Zum Wohl der Kinder
Im „Haus Antonius“ werden heute 38 Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 19 Jahren in vier Wohngruppen, die so coole Namen wie „Wilde Kerle“ oder „New Castle“ tragen, von 30 sozialpädagogischen Fachkräften im Alltag liebevoll begleitet und betreut. Zudem gibt es sieben kleine Wohnungen mit Betreuung am Standort Treffen und zwei in Villach, in denen die Jugendlichen das selbstständige Wohnen erproben können. Die Aufenthaltsdauer der Bewohner*innen betrage zwischen vier und sechs Jahre. Bei vielen Kindern sei eine Rückkehr in die Ursprungsfamilie überhaupt nicht möglich, weiß Sylvia Tarmann als Leiterin des „Haus Antonius“. Sie freut sich über eine gute Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft, der Gemeinde, dem Land und allen Kooperationspartner*innen.
Veränderte Bedürfnisse
Tarmann findet, dass die pädagogische Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in den letzten 50 Jahren Riesenschritte gemacht habe. Aber: „Wir sind noch lange nicht am Ende des Weges. Ziel muss die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen sein, damit mehr Zeit für die Kinder und ihre Bedürfnisse bleibt.“ Denn das Klientel der Einrichtung, die seit 2015 „Haus Antonius“ heißt, habe sich stark verändert. Tarmann: „Waren im vorigen Jahrhundert Waisenkinder zu versorgen, so sind es heute viele Kinder und Jugendliche mit einem therapeutischen Bedarf, die viel erlebt haben, was nicht in Ordnung war.“ Das „Haus Antonius“ biete ihnen einen sicheren Ort, „an dem sie mit Hilfe der Sozialpädagogik wachsen und sich entfalten können“.
Ein neues Zuhause
Das „Haus Antonius“ gehört wie der Kindergarten und die Kindertagesstätte seit 1. Jänner 2023 zu uns, als Caritas Kärnten. Deren Direktor Ernst Sandriesser sagt: „Liebe, Verständnis für die jeweilige Situation des Kindes und eine gute Unterstützung für den Schulalltag bietet das "Haus Antonius" seit 120 Jahren. Denn wenn Kinder von zu Hause wegmüssen, dann muss rasch ein neues Zuhause gefunden werden.“ Gleichzeitig werde jede Gelegenheit gesucht, den Kontakt zu den Eltern aufrechtzuerhalten. „Viele Kinder sind zehn Jahre und länger bei uns. Sie schließen ihre Schulausbildung und Lehre bei uns ab. Das Wichtigste ist, dass sie sich bei uns wohl fühlen und ihre Talente entfalten können.“
Drei Einrichtungen im Zeichen der Kinder
Im Haus Antonius, dem Kindergarten und der Kindertagesstätte Treffen werden Kinder und Jugendliche vom 1. bis zum 19. Lebensjahr betreut. Elisabeth Wandaller, Leiterin von Kindergarten und Kindertagesstätte, dankt im Namen ihres Teams Bonifatiusverein und Caritas: „Mit Ihrer Unterstützung und Begleitung konnten sich alle Betriebe qualitätsvoll weiterentwickeln. Ebenso gelungen ist die jahrelange Kooperation im Bereich Kindergarten und Kindertagesstätte durch das Kindergartenkuratorium mit der Gemeinde Treffen.“ Für Wandaller bringt Neurobiologe Gerald Hüther die Gemeinsamkeit von „Haus Antonius“, Kindergarten und Kindertagesstätte treffend auf den Punkt, wenn er sagt: „So wie du bist, bist du richtig. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass du die Gelegenheit bekommst, dass all die verborgenen Talente und Fähigkeiten, die in dir stecken, zur Entfaltung kommen können.“
Buntes Jubiläumsfest mit vielen Gästen
Am Samstag, dem 10. Juni 2023, konnten die Besucher*innen des Jubiläumsfestes bereits die Talente etlicher Kinder erleben, gestalteten sie doch freudig und lebhaft den bunten Festakt mit. Bischof Josef Marketz, der die Einrichtungen segnete, blickte nicht nur auf die Geschichte von Bonifatiusverein und „Haus Antonius“ zurück, sondern erinnerte sich auch an seine Zeit als Präsident des Vereines: „Ich bin immer gern hergekommen. Unsere gemeinsame heilige Messe vor Weihnachten war etwas ganz Besonderes. Sie und ihr geht mir ab“, so Marketz. Landtagsabgeordneter Christof Seymann und Bürgermeister Klaus Glanznig würdigten stolz die nunmehrigen Einrichtungen der Caritas, die ihre Türen weit offen hatten und zum Besuch spannender Ausstellungen sowie einer Kunstgalerie einluden. Die Kinder hatten ihren Spaß bei Schmink- und Spielstationen. Schüler*innen unserer Caritas-HLW halfen tatkräftig beim Fest mit. Mitgefeiert haben Seelsorgeamtsdirektorin Elisabeth Schneider-Brandauer, Christine Gaschler-Andreasch , Gerhild Hubmann, Claudia Arztmann von den zuständigen Abteilungen der Landesregierung, der ehemalige Haus Antonius-Leiter Robert Kowatsch, die Schulleiter Gerald Wosatka (VS Treffen) und Andreas Rauchenberger (Mittelschule Gegendtal), Altbürgermeister Karl Wuggenig, Gemeindevorstand Bertram Mayrbrugger, Feuerwehrkommandant Daniel Frank und die Mitglieder des Kindergartenkuratoriums der Gemeinde beziehungsweise der Caritas Ingrid Hildebrandt, Dorelies Rapotz-Mölzer und Christine Kügerl.